1946 - 1980

Der Zweite Weltkrieg forderte wie der Erste große  Opfer unter den Rottenbucher Soldaten. Über 40 mal mussten die Musiker  zur letzten Ehre spielen. Nachdem der Bürgermeister und Dirigent Hans  Fichtl 1943 einrücken musste, übernahm Fridolin Angerer das Amt des  Musikmeisters. Anfang Mai 1945 rückten die amerikanischen Soldaten in  Rottenbuch ein, dabei wurde ein Teil der Instrumente zerstört oder  entwendet.

Das Vereinsleben begann sich darauf nur langsam 
wieder zu regen, gerade so, wie es die Militärregierung gestattete. Aber
auch musikalisch sollte es wieder losgehen. Thomas Geiger vom Moos 
versuchte mit Energie etwas zu organisieren. Er schaffte es neun Mann 
dafür zu begeistern und mit dem Proben wieder zu beginnen. Die 
Instrumente wurden in der Werkstätte Schöpf in München hergerichtet, die
Bezahlung erfolgte in Naturalien, hauptsächlich Fleisch und Butter. Der
jetzige Ehrendirigent Karl Echtler transportierte die Lebensmittel nach
München. Das war gar nicht ungefährlich, denn an den Bahnhöfen wurden 
viele Kontrollen wegen der Schwarzhändler abgehalten.

Die Musiker der ersten Stunde waren: Thomas  Geiger, Georg Strobl, Jakob Demmel, Alex Uhl, Gabriel Heiland, Erich Eiler, Erich Streif, Michael Noll und Karl Echtler. Im Herbst 1946 begannen die Proben beim Schmidenbauer in der Stube. Der gestrenge  Lehrmeister war der ehemalige Militärmusiker Josef Eisenschmid aus  Peißenberg. Er erhielt bald den Namen „Butterschmid", denn die Schüler  mussten zur Probe ein viertel Pfund Butter mitbringen. Ein Jahr später  konnte die Kapelle bereits zur Hochzeit von Thomas Geiger aufspielen.  Die wenigen Stücke, die man bis dahin erlernt hatte, wurden eben immer  wiederholt.

Als Glücksfall für den weiteren Aufbau der 
Musikkapelle erwies sich der Zuzug von Rudolf Ludwig im Jahr 1947. 
Ludwig war Berufsmusiker und ein ganz ausgezeichneter Flügelhornist. Er 
kam aus dem Sudetenland und hatte die musikalische Ausbildung beim 
damaligen Reichsarbeitsdienst erhalten. Fridolin Angerer überlies Herrn 
Ludwig weitgehend die Proben und bald auch die Leitung der Kapelle. Die 
Auswahl der Musikstücke, Märsche, Walzer, Polkas und viele Konzertstücke
beruhte auf der langjährigen Erfahrung von Dirigent Ludwig.

Die 15 - 18 Mann starke Kapelle hatte sich 
schnell einen guten Ruf erspielt, und erzielte als Kapelle Ludwig, wie 
sie häufig bezeichnet wurde, beim Musikfest in Peiting 1960 bereits 
einen 1. Rang mit Auszeichnung.

Aus Aufzeichnungen aus dieser Zeit ist zu lesen: 
„Die Proben wurden im Gasthaus zum Koch in der Wirtsstube abgehalten und
dauerten oft bis in die frühen Morgenstunden. Am trinkfreudigsten 
erwiesen sich besonders die Posaunisten, Bässe und die große Trommel. 
Die Trompeten, Flügelhornisten sowie Alt- und Tenorhörner kamen dabei 
öfters zu kurz.“

Die Musiker der Kapelle Ludwig gingen schon 
damals gerne auf Reisen. Ein gern besuchtes Ziel war Kirchheim am Neckar
und wenn man ehemalige Musiker über die damaligen Ausflüge befragt, 
bekommen sie heute noch ganz leuchtende Augen und ein verschmitztes 
Lächeln huscht über ihr Gesicht. Dann hört man nette Anekdoten, wie z. 
B. es standen nicht genug Betten für alle Musiker zur Verfügung. Das war
aber überhaupt kein Problem, denn die neun Musiker haben von den fünf 
Betten nur zwei benutzt. Oder zwei Musiker haben ihre Vorliebe für 
Schnaps entdeckt. Der eine sagte: „Mir macht er nichts“ und der andere 
stellte fest: „und I mog´n gern“. Beide hatten aber Räusche, die sich 
„Sie“ schrieben. Und dann war da auch noch der Posaunist, der beim 
großen Festzug aus unerklärlichen Gründen nach rechts in den 
Straßengraben geriet und dort einfach weiter marschierte. Auf der 
Heimfahrt fragte er dann einen Kollegen: “Du, was war das eigentlich für
ein Fest?“ (Auflösung: Jubiläum des Akkordeonvereins Kirchheim).

Ludwig versäumte es allerdings, Nachwuchs 
auszubilden und so kam es während einer Probe zum Krach und die Musik 
hörte einfach auf. Das war 1970 im Frühjahr. Der Gemeinderat musste sich
mit der Sache befassen und im Beschlussbuch vom 18.3.1970 steht 
folgendes: „Blaskapelle Rottenbuch: Nachdem unsere Blaskapelle ihre 
Tätigkeit eingestellt hat und ein Einigungsversuch gescheitert ist, 
versucht der Gemeinderat einen geeigneten Musiker aus der Nachbarschaft 
zu gewinnen, der die Leitung der Blaskapelle übernehmen würde und auch 
gewillt ist, Nachwuchs auszubilden. Es hat sich bereits ein Herr 
Gottfried Lang aus Peißenberg beworben, aber zur Bedingung gemacht, dass
er als Angestellter bei der Gemeinde Rottenbuch beschäftigt ist. Diese 
Forderung kann nicht erfüllt werden, weil bei der Gemeinde keine 
Beschäftigungsmöglichkeit besteht. Der Gemeinderat beschließt, Herrn 
Lang nochmals die Musikstelle anzubieten, wenn er auf eine Anstellung 
verzichtet. Außerdem soll weiterhin nach einem anderen geeigneten Mann 
Ausschau gehalten werden.“

Die Auswirkungen, wenn ein Dorf ohne Musikkapelle
ist, zeigten sich sehr bald: zu den Beerdigungen mussten Musiker aus 
Böbing oder Schönberg geholt werden. Die Vereine mussten bei Festzügen 
ohne Musik mitmarschieren, bei der Fronleichnamsprozession war nur mehr 
Gebet und Gesang zu hören. Alles war nicht mehr so feierlich wie sonst. 
Den Rottenbuchern wurde aber auch bewusst, dass das Bestehen einer 
Kapelle keineswegs so selbstverständlich ist, wie man bisher immer 
angenommen hatte. Und es entstand ein neues Bewusstsein darüber, wie 
wichtig eine Kapelle für ein Dorf ist.

Bei der Geistlichkeit folgte ein Wechsel: Pfarrer
Forstmeier ging nach 19 Jahren wieder nach Oberammergau und bei uns 
wurde im Herbst 1970 Pfarrer Walter Kronast installiert. Sollte zu 
dieser Feier keine Musik spielen? Karl Echtler brachte die Musikanten 
mit viel Überredungskunst nochmals soweit, "die Ehre Gottes" und 2 
Prozessionsmärsche zu spielen. Dann war wieder Feierabend mit der Musik.

Weitere Kandidaten meldeten sich bei der 
Gemeinde, unter anderem Musikmeister Baarfüser aus Peißenberg. Dieser 
fing dann mit 22 jungen Schülern im Turnsaal der Schule an zu üben, 
nachdem die Gemeinde auch Instrumente erworben hatte.

In einem weiteren Gemeinderatsbeschluss vom 
18.09.1972 heißt es: „Herr Karl Echtler wird ersucht, die Proben mit den
jungen und ehemaligen Musikern zu übernehmen.“

Das war dann der Beginn der Tätigkeit von Karl Echtler, die über 20 erfolgreiche Jahre dauern sollte. 

Karl Echtler hatte bei der Kapelle Tenorhorn oder
Bariton gespielt. Nun als Dirigent war es eine ganz neue Aufgabe und 
Herausforderung für ihn. Einige Kollegen aus der ehemaligen Kapelle 
Ludwig verstärkten zunächst das sehr junge Orchester, etliche waren die 
Väter der jungen Musiker. 

Schon bald konnten wir wieder alle Feste in und  um Rottenbuch selbst musikalisch umrahmen. Von Faschingsbällen und  Festzügen des Trachtenvereins über Heimatabende und Standkonzerte bis  hin zu Hochzeiten und Beerdigungen reicht seither unser Einsatzgebiet.  Auch Ständchen zu Geburts- und Hochzeitstagen gehören dazu. Besonders hervorzuheben sind die jährlichen Gartenfeste Anfang August, der  Leonhardiritt und der Veteranenjahrtag im November und das  Weihnachtskonzert am 2. Weihnachtsfeiertag. Den feuchtfröhlichen  Jahresabschluss bildet das Neujahranblasen, bei dem die Kapelle mehrere Tage lang in Gruppen von Haus zu Haus geht und der Bevölkerung von  Rottenbuch mit einem Marsch „Ein gutes neues Jahr“ wünscht.

Unsere Sponsoren